Künstliches Licht ist nützlich. Es bietet im Dunkeln Sicherheit und hilft bei der Orientierung. Doch künstliches Licht hat auch eine Kehrseite: Die Schattenseiten des Lichts haben starke Auswirkungen auf lnsekten und Vögel und zum Teil auf Pflanzen.
Am 26. September 2019 fand in der Grossregion Genf die Veranstaltung «La Nuit est Belle / Die Nacht ist schön» statt. Sie wurde vom Naturhistorischen Museum in Genf und der Astronomischen Gesellschaft Genf ins Leben gerufen. An diesem Abend wurde bei Einbruch der Dunkelheit die öffentliche Beleuchtung in über 110 Waadtländer, Genfer und französischen Gemeinden der Grenzregion gar nicht erst eingeschaltet. Zweck der Übung war, den Einwohnern die Gelegenheit zu bieten, in den Abendstunden die dunkle Nacht wiederzufinden und einen von der Lichtverschmutzung befreiten Sternenhimmel zu erleben.
Wunderbar organisiert waren frei zugängliche Aktivitäten punktuell in der ganzen Region verteilt, leider ohne Wetterglück, da zahlreiche Wolken den Neugierigen wenig Gelegenheiten für die Himmelsbeobachtung liessen. Mitglieder des Vorstandes von Dark-Sky waren an diesem Abend präsent, um ein Referat in Chêne-Bougeries (GE) zu geben und sich von den Ereignissen der Abschaltung in der Stadt (Genf) und seiner Umgebung inspirieren zu lassen.
Vom Gipfel des Salève (im Süden) oder vom Jura aus (im Norden) überwiegt der Eindruck, die Beleuchtung habe sich kaum verändert! Die Agglomeration entlässt immer noch enorm viel Licht und es ist ohne Vergleichsmöglichkeit schwierig zu sagen, ob eine Ausschaltung stattfindet oder nicht. Der Genfer Flughafen (Genève-Cointrin) sticht klar aus der Landschaft, wie eine sehr helle Markierung. Dieser wurde auch nicht ausgeschaltet (er war schliesslich in Betrieb), ebenso wie das Genfer Stadion, da ein viel früher vereinbarter Match nicht verschoben werden konnte.
Von nahem betrachtet ist die grosse Mehrheit der künstlichen Beleuchtung an diesem Abend Privat: Schilder, Privatstrassen, Unterkünfte, Reklamen, usw. Das warnt uns vor dem Beitrag dieser Beleuchtungsarten zur gesamten Lichtverschmutzung einer Stadt, die überhaupt nicht vernachlässigbar ist im grossen Umfeld.
Im Zentrum der Stadt Genf waren die Fussgänger zahlreich auf den Strassen, ob das zufällig war oder um ihre Stadt im Halbdunkel zu entdecken, fehlende Strassenlaternen hielten die Menschen nicht davon ab, durch ihre Stadt zu wandern.
Es ist bemerkenswert, dass die bekannten Leuchtreklamen am Hafen, obwohl privat, praktisch alle ausgeschaltet waren. Ein überzeugender Beitrag von den zuständigen Behörden, der sehr zu begrüssen ist! In den Nebenstrassen blieben zahlreiche Schaufenster ausgeschaltet. Diejenigen die eingeschaltet blieben, ersetzten die öffentliche Beleuchtung bis zu einem Grad, dass man die Strasse nicht mehr als Dunkel beurteilen konnte. In diesem Fall beeindruckt vor allem der Wechsel zwischen Halbschatten und Lichtkegeln aus den Schaufenstern, der augenscheinlich die Intensität privater Beleuchtung in Erinnerung ruft, erst recht wenn sie die ganze Nacht (unnötig) brennt.
Die Aktivität in diesen Strassen erschien ganz normal und der Verkehrsfluss war keineswegs beeinträchtigt, so dass man sich ernsthaft fragen konnte, ob die Fussgänger das Fehlen der öffentlichen Beleuchtung überhaupt bemerkten.
Im Gegensatz zu den Nebenstrassen erschien die Altstadt besonders dunkel, wo nur wenig private Beleuchtung verblieb. Der Effekt wird noch dadurch verstärkt, dass man den Zugang aus den hellen Zonen findet, die eine Dunkeladaption nicht erlauben.
Am Anfang der Nebenstrassen um den Hafen haben zahlreiche Barterrassen und Restaurants die Ausschaltung genutzt um eine aussergewöhnliche Atmosphäre zu schaffen: Kerzenlicht, festliche Beleuchtung und farbiges Licht… Viele Besucher haben vom Ereignis profitiert, zusammen mit Freunden diese unerreichte Atmosphäre bei einem Glas Wein zu geniessen.
Wenn man sich dem Kommerz und den immer noch eingeschalteten Schaufenstern entzieht, werden die zirkulierenden Autos, Velos und Fussgänger eine grössere Herausforderung und benötigen mehr Aufmerksamkeit, vor allem zwischen Fussgängern und Velos, waren Erstere nicht besonders gut sichtbar und Letztere nicht systematisch mit Licht ausgestattet. Gewisse Stadtpolizisten waren besonders auf diesen Punkt aufmerksam und verwarnten Velofahrer ohne Licht, indem sie einen Satz Velolichter verteilten (und manchmal auch eine Busse…). Auf jeden Fall brauchte der Verkehr mehr Vorsicht und war langsamer unterwegs, die Autofahrer haben sich den neuen Gegebenheiten angepasst. Für die Fussgänger war vor allem der Wechsel zwischen dunklen und hellen Zonen störend, weil das Auge rasch die Adaption an den Halbschatten verliert und oft geblendet wird.
Um Mitternacht wurde die öffentliche Beleuchtung im Kanton Genf wieder eingeschaltet, im Gegensatz zu den meisten französischen Gemeinden der Region die mitgemacht haben und das Licht die ganze Nacht ausgeschaltet liessen.
Obschon diese Wiedereinschaltung eher schade war, wo doch die öffentliche Beleuchtung im Herzen der Nacht die grösste Beständigkeit hat, schaffte es eine Gelegenheit um den Vergleich von Orten mit und ohne öffentliche Beleuchtung zu machen. Die nachfolgenden Fotos zeigen die selbe Szenerie vor und nach der Wiedereinschaltung der Beleuchtung.
Trotz der schlechten Wetterbedingungen zur Beobachtung des Sternenhimmels, war das Ereignis «Die Nacht ist schön» ohne jeden Zweifel gelungen und hat einen Einsatz geleistet den Einwohnern der Grossregion Genf die Gelegenheit zum Experiment in der ansonsten hellen Region gegeben und die Diskussion darüber eröffnet, welche Bedeutung wir der unserer öffentlichen Beleuchtung beimessen wollen.
Die zahlreichen Reaktionen in den sozialen Medien und in den Zeitungen waren als ganzes positiv, mit zahlreichen Stimmen die diese Erfahrung jedes Jahr wiederholen möchten oder grad in jeder Nacht…
Während sich andere empörten über diesen Anlass, der einen schwerwiegenden Eingriff in ihren Komfort und ihre Sicherheit darstelle. Glücklicherweise war die Mehrheit der veröffentlichten Reaktionen ausgewogener und dennoch positiv.
Es sei darauf hingewiesen, dass die Genfer Polizei keine Erhöhung der Kriminalität oder von Unfällen in dieser Nacht feststellte. Die Westschweizer und die französische Presse hat der Aktion viel Platz eingeräumt, deren Echo sogar bis über den Atlantik schwappte.
Dark-Sky Switzerland gratuliert den Initianten des Projekts sowie den Gemeinden, die den Mut für die Teilnahme an diesem Abenteuer aufbrachten, das einen Beitrag zur Bewusstseinsbildung in unserer ganzen Gesellschaft leistet über unsere Beziehung zur Nacht, zur öffentlichen Beleuchtung und die nächtliche Umwelt im Allgemeinen.
Bereits haben viele Gemeinden langfristige Massnahmen zur Reduktion der Lichtverschmutzung ergriffen, zum Teil bedingt durch «Die Nacht ist schön», ein sehr ermutigendes Zeichen.
Eine Licht- und Tonshow ab nächstem Sommer 100 000 Besucher an den Aarequai locken. Das kostet Stadt und Veranstalter rund 400 000 Franken.
Der «Thuner Wasserzauber» soll im nächsten Sommer scharenweise Besucher aus der ganzen Schweiz in die Stadt bringen. Der Anlass wird rund 400 000 Franken kosten. Als Hauptsponsor konnten die Veranstalter die Migros gewinnen.