Lob für Säntisbahn

Weil das Ostschweizer Expo.02-Projekt „au’art“ auf dem Säntis Vögel gefährdete, ist die Beleuchtung des Objekts abgeschaltet worden, wie Säntisbahn-Betriebsleiter Paul Christen erklärte. Nachdem Angestellte fünf tote Bergfinken gefunden hatten, suchte Christen Rat bei Fachleuten.

Tatsächlich könne in nebligen Nächten ein sogenannter Leuchtturmeffekt auftreten, bestätigt Felix Liechti von der Vogelwarte Sempach. Leuchttürme oder sogenannte Sky-Beamer, wie sie von Diskotheken zu Werbezwecken verwendet werden, führen zu Verhaltensänderungen bei nachts ziehenden Vögeln.

In der Nacht orientieren sich die Vögel an einer Lichtquelle. Es sei schon vorgekommen, dass ganze Vogelschwärme verendeten, weil sie orientierungslos gegen einen Leuchtturm flogen. Bei angestrahlten Bergspitzen könne dies ebenfalls geschehen, sagte Liechti.

Was macht Dark-Sky Switzerland?

von Philipp Heck

An dieser Stelle möchten wir Ihnen Dark-Sky Switzerland (DSS) kurz vorstellen. Wie der Name schon sagt, befassen wir uns mit dem immer grösser werdenden Problem der Lichtverschmutzung und setzen uns für eine effiziente Aussenbeleuchtung ein. DSS ist eine Fachgruppe der Schweizerischen Astronomischen Gesellschaft.

Wir haben in der Schweiz immer noch hervorragende Beobachtungsplätze, sei es in den Voralpen, den Alpen oder im Jura. Astronomische Beobachtungen vom Mittelland oder Südtessin aus werden aber durch die künstliche Aufhellung des Himmels oder durch direkte Blendung durch künstliche Lichtquellen beeinträchtigt. So ist aus den Grossstädten und deren dicht besiedelten Agglomerationsgebieten die Milchstrasse kaum mehr von blossem Auge zu sehen. Aus diesen Gebieten ist die Beobachtung von schwachen galaktischen und extragalaktischen Nebel ist selbst mit grossen, leistungsfähigen Teleskopen kaum mehr möglich. Es wäre schade wenn der Sternenhimmel in Zukunft nur noch in Planetarien und von abgelegenen unzugänglichen Gebieten aus, zu erleben wäre. Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass durch schlechte Beleuchtung verschiedene, nachtaktive Tiere in ihrem natürlichen Verhalten gestört werden. Wie Beispiele aus den USA zeigten, können bei einer effizienteren Aussenbeleuchtung erhebliche Energieeinsparungen erzielt werden. Eine Reduzierung der Lichtverschmutzung hat astronomische und kulturelle, aber auch ökologische und ökonomische Vorteile.

Ziel der DSS ist es, nicht nur Amateur-Astronomen sondern auch die übrige Bevölkerung auf dieses Problem aufmerksam zu machen. So wurde bereits eine Informationsbroschüre verfasst, die in öffentlichen Sternwarten aufgelegt werden kann. Die Demonstratoren sollten bei Führungen und Sternschaus das Problem Lichtverschmutzung anschneiden. Die Erstellung eines Massnahmenkatalog für politische Vorstösse ist ein weiteres Ziel der Gruppe. Grundlage dafür sind die Erfahrungen aus bereits erfolgter, positiver Zusammenarbeit mit den Behörden und theoretische Überlegungen dazu. Zu den Mitgliedern der DSS zählen heute 9 Amateur-Astronomen aus allen Landesteilen, unter Ihnen auch ein Beleuchtungsfachmann. Dank ihm wurde Kontakt zur Schweizerischen Lichttechnischen Gesellschaft (SLG), erstellt, der das Problem Lichtverschmutzung bis anhin unbekannt war, die aber die Anliegen der Astronomen mit grossem Interesse aufnahm.

In den vergangenen Wintern plante die Fachgruppe in einer grossangelegten, landesweiten Aktion die Himmelhelligkeit zu bestimmen. Dabei wurden Besucher öffentlicher Sternwarten und alle Amateur-Astronomen aufgefordert, nach einer Anleitung eine Sternzählung von blossem Auge im Sternbild Orion zu machen. Die Auswertung dieser Daten, ermöglicht eine geographische Kartierung der Grenzhelligkeit mit relativ hoher Auflösung. Im Gegensatz zu Satellitenaufnahmen werden bei dieser Methode stark besiedelte Gebiete wie zum Beispiel der Grossraum Zürich in Bezug auf die Grenzhelligkeit deutlich differenziert erfasst. Ein ähnliches Projekt konnte erfolgreich in der US-Hauptstadt Washington D.C. durchgeführt werden (Sky&Telescope, pp. 82; June 1996).

Neue Stadtbeleuchtung für Zürich

Am Montag, 18. Juni 2001 stellte Herr Eberhard, Direktor Amt für Städtebau, in Zürich an der Fabrik am Wasser die Neugestaltung der Zürcher Innenstadt vor. Darin enthalten sind neben selbstleuchtenden Tramhaltestellen an Parade- und Bahnhofsplatz auch von unten beleuchtete Bäume an der Bahnhofsstrasse! D.h. alle bisher gegen oben abgeschirmten Strassenlampen sollen entfernt werden und durch im Boden eingebrachte Scheinwerfer ersetzt werden, die ausschliesslich nach oben leuchten!

Eine Delegation von Dark-Sky Switzerland war an der Vorstellung anwesend und hat auf die Problematik der damit verbundenen Lichtverschmutzung aufmerksam gemacht. Die Problematik war der Stadt bisher unbekannt, wurde aber mit Interesse aufgenommen. DSS hofft nun auf die Einsicht der Stadtplaner, damit Zürich weiterhin eine Vorbildsrolle einnimmt und die Lebensqualität der Bevölkerung und Lebewelt in und um Zürich nicht beeinträchtigt wird.

Gesetz gegen Lichtverschmutzung in Katalonien einstimmig angenommen

Am 16. Mai 2001 wurde ein Gesetz zur Vermeidung von Lichtverschmutzung im katalonischen Parlament von allen politischen Parteien mit 131 zu 0 Stimmen ohne Absenzen angenommen. Gesetze zur Eindämmung von Lichtverschmutzung gibt es erst in der Lombardei (Italien) und in Fauquier County (Virginia USA) und um einige grosse Observatorien.

Eine Übersetzung wird in den nächsten Wochen vorliegen, wer den Gesetzestext schon mal auf Spanisch oder Katalonisch einsehen möchte kann dies tun.

 

Lichtverschmutzung – Wie die Nacht zum Tag wird

von René Kobler, dipl. Arch. ETH/SIA und Mitglied bei Dark-Sky Switzerland und Philipp Heck, Präsident Dark-Sky Switzerland, erschienen im Original am 25. April 2001 auf astroinfo.ch

Haben Sie sich auch schon gefragt, weshalb ein dunkler, mit Sternen übersähter Himmel immer seltener wird? Wussten Sie, dass jedes Jahr unzählige Zugvögel aus dem gleichen Grund sterben? Der Grund dafür ist die künstliche Aufhellung des Nachthimmels, die sogenannte Lichtverschmutzung. Dieser Artikel zum Thema Lichtverschmutzung ist nicht abschliessend, soll aber vor allem auf die Ernsthaftigkeit dieser Thematik hinweisen.

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Lichtverschmutzung in Städten (hier Zürich) sind ein grosses Problem. Die Lichtglocke von Zürich ist sogar noch von den Alpen aus sichtbar. © Ph. Heck.

Hauptquellen der Lichtverschmutzung sind Aussenbeleuchtungen, die gegen oben nicht abgeschirmt sind und somit den Himmel aufhellen. Ein grosser Teil davon sind Fassaden und Werbeobjekte, die von unten her angeleuchtet werden (anstatt von oben).

Von Ferne betrachtet könnte der Ausdruck „Lichtverschmutzung“ als nichtig abgewertet werden. Wir können aber aus eigener Erfahrung berichten, dass jeder, der sich länger als 10 Minuten mit diesem Thema beschäftigt, sich erstaunt darüber zeigt, wie wenig ihm dieser schleichende Prozess bewusst war, und dies bei näherer Betrachtung auch als echtes Problem erkennt.

Eigengoal vieler Fachkräfte
Vorweg genommen sei, dass die in letzter Zeit zu beobachtende Tendenz, Fassaden in der Nacht mit Scheinwerfern zu beleuchten, nicht immer auf Freude stösst, da nicht alle Leute sachlich nachvollziehen können, wieso man die Nacht zum Tag machen soll. Abgesehen davon gibt es in Mitteleuropa mittlerweile Bauprojekte, die mit Aussenbeleuchtungen versehen sind, die bei den Verantwortlichen geradezu ihre eigene fachliche Disqualifikation aufzeigen, weil anscheinend unter Lichtgestaltung „je stärker desto besser“ verstanden wird.

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Hier ein ganz schlechtes Beispiel: Bei der Waschanstalt in Wollishofen (Kanton Zürich) blenden die im Boden eingebrachten Lampen direkt und erhellen nicht den Weg sondern die Sträucher; der Rest des Lichts wird in den Himmel abgestrahlt! © Ph. Heck

Gesetze gegen Lichtverschmutzung
In einigen europäischen Ländern wie Italien und Spanien, wie auch in Teilen der USA, werden aktuell Gesetze eingeführt, die versuchen, die Lichtverschwendung in den Griff zu bekommen. Länder wie die Schweiz und Deutschland sind in diesem Bereich aber Entwicklungsländer.

Dark-Sky Switzerland (DSS) und die Initiative gegen Lichtverschmutzung (Deutschland) sind nichtstaatliche Organisationen, die dem weltweiten Dachverband gegen die Lichtverschmutzung (International Dark-Sky Association, IDA) angeschlossen sind. Es bestehen seitens dieser Gesellschaften Bemühungen, entsprechende Gesetze auch in der Schweiz durchzusetzen.

2001-04-25_karte_chDie Schweiz bei Nacht: Die Satellitenaufnahme von 1993 zeigt das von der Schweiz nach oben abgestrahlte Licht. Auch von den dunklen Orten sieht man die Lichtglocke von stark verschmutzten Gebieten. © Dark-Sky Switzerland.

Licht verbessert die Lebensqualität – aber wieviel davon?
Niemand stellt die Notwendigkeit von Beleuchtungen in der Nacht in Frage. Vor allem aus sicherheitstechnischen Gründen müssen solche installiert werden. Die Frage ist aber, wie man dies umsetzt und ob es sie manchmal sogar überhaupt braucht. Mit Ausnahme der öffentlichen Strassenbeleuchtung sind nahezu über 90% der Aussenbeleuchtungen falsch konzipiert. Technisch ist dies leicht nachvollziehbar. Die meisten Lampen besitzen keine oder nur eine ungenügende Abschirmung nach oben. Dasjenige Licht, das Richtung Himmel geht, ist energietechnisch verloren, denn es leistet keinen Beitrag an den Boden, wo ja die Beleuchtung eigentlich hinscheinen sollte. Ganz schlimm sind Fassadenbeleuchtungen, denn diese werden meistens von unten nach oben gerichtet. In einem solchen Fall geht sogar bis zu 90% der eigentlichen Energie verloren.

China müsste 750 neue Atomkraftwerke bauen
Auch wenn Energiesparen zur Zeit kein Thema zu sein scheint, heisst dies nicht, das wir keine Möglichkeit hätten, dies trotzdem zu tun. Vor allem in der Schweiz stehen wir weltweit an hoher Stelle betreffend elektrischen Energieverbrauch pro Kopf. Die Schweiz kann sich dies finanziell leisten, aber nicht, wenn sie als Vorbild für andere Länder betreffend Energieverbrauch dastehen will. Würde man den gleichen pro Kopf Verbrauch an elektrischer Energie z.B. auf China umrechnen, müssten dort nochmals 750 Atomkraftwerke erstellt werden

Einsparungen in Milliardenhöhe
Japan verfügt über Studien, die nachweisen, dass im Milliardenbereich (CHF) elektrische Energie eingespart werden könnte, wenn Aussenbeleuchtungen sinnvoll und technisch richtig eingesetzt würden – wohlbemerkt bei gleicher oder sogar noch besserer Beleuchtungsqualität.

Folgende Punkte stehen im Zusammenhang:

Ökonomische Vorteile
Einsparungen in Unterhaltskosten und Energieverbrauch. Dies ist übrigens auch im Sinne des schweizerischen Energiegesetzes, wird aber leider heute nur teilweise in der Praxis umgesetzt.

Ein Beispiel: Wegen des schweizerischen Energiegesetzes wird von Bauherren verlangt – mit beachtlicher Kostenfolge – Häuser aufwendig zu isolieren. Dies erklärt übrigens auch einen Teil der hohen Baukosten. Für ein 4 Familienhaus bedeutet dies den Beizug eines Bauphysikers, damit die Werte so gut sind, dass man z.B. im Engadin mit einer 30 KWh Ölheizungsanlage auskommt. Dies ist eigentlich auch in Ordnung.

Aber auf der Gegenseite dürfen dort private Villen, die dazu nur noch wenige Wochen im Jahr bewohnt sind, mit einer 30KWh Aussenbeleuchtung angestrahlt werden. Auf der einen Seite spart man mit aufgezwungener Kostenfolge, auf der anderen Seite wirft man das Geld wieder hinaus. Das macht keinen praktischen Sinn, und sollte an der Bewilligungsschnittstelle einmal hinterfragt werden.

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Lichtverschmutzung in Europa: rot steht für sehr stark, blau für wenig und schwarz für keine Lichtverschmutzung. © Blackwell Science. Quelle: Light Pollution in Italy, Pierantonio Cinzano.

Sicherheitsgewinn
Blendfreie Lampen erhöhen die Sicherheit. Die Auffassung, je mehr Licht, desto besser, ist grundlegend falsch. Dies bemerkt man z.B. bei entgegenkommenden Fahrzeugen mit aufgeblendetem Licht, denn man sieht nicht mehr, was sich dahinter befindet. (z.B. Wild)

Kultureller Gewinn
Erhaltung des Anblicks des Sternenhimmels als Inspirationsquelle und Erbe der Menschheit (UNESCO) und eine Verbesserung der Lebensqualität durch ein blendfreies nächtliches Umfeld: Dies ist immerhin eine UNESCO Definition.

Ökologische Verbesserung
Bessere Integration der Tier- und Pflanzenwelt in die technische Zivilisation durch abgeschirmte Lampen und dunkleren Himmel. So sterben jedes Jahr sehr viele Zugvögel, weil sie von in den Himmel strahlendem Licht in die Irre geführt werden. (Der Einfluss des Lichts auf Zugvögel wurde von Prof. Dr. Bruno Bruderer von der Vogelwarte Sempach wissenschaftlich untersucht.)

Touristische Attraktivität
Viele ländliche Regionen und Berggebiete sind touristisch attraktiv, weil gerade die Natur so speziell zur Geltung kommt. Dazu gehört auch der Charakter der einzelnen Dörfer. Eine übermässige Nachtbeleuchtung würde dort eher fremd und sogar aufdringlich wirken, als dass sie einen positiven Beitrag zur Landschaftsgestaltung leisten würden.

Ökonomischer Sinn
Wenn man die Betriebsstunden zusammenzählt, in denen viele Lampen unnötig brennen, kann man oft nur zur Erkenntnis der sich finanziell leistbaren Energieverschwendung kommen.

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Die Lichtverschmutzung auf unserem Planeten. Ein Komposit aus mehreren Satellitenaufnahmen. © C. Mayhew & R. Simmon (NASA/GSFC), NOAA/NGDC, DMSP Digital Archive.

Schön oder nicht schön?
Der Wichtigkeit halber sei nochmals auf die Art des Prozesses dieser Problematik hingewiesen: Die Lichtverschmutzung und deren Energieverschwendung sind „leider“ nicht spektakulär. Wenn sie es wären, würde man sich dessen eher bewusst werden. Über einen längeren Zeitraum betrachtet, ist der Schaden aber unübersehbar.

Auf nur schön oder nicht schön zu achten reicht leider heutzutage nicht mehr, wenn es um die Veränderung unserer Welt geht.

Wir möchten zum Schluss gerne ein Zitat eines unbekannten Architekten abgeben, der sich über die Gleichgültigkeit der Menscheit betreffend künstlicher Veränderung der Umwelt erboste:

René Kobler: «Selbst ein Quadratmeter Natur, ist so kompliziert und wunderschön geschaffen worden, dass es sich der Mensch nicht anmassen darf, jemals das Wissen zu haben, so ein Kunstwerk übertreffen zu können.
Sollte er jedoch die Notwendigkeit haben, dieses zerstören zu müssen, muss er sich sehr genau überlegen, ob er die Berechtigung dazu hat und was er an dieser Stelle dafür hin setzt. Ansonsten soll er es besser so lassen, wie es ist.»