Treffen zum Schutze des Nachthimmels in Paris

Am letzten Aprilwochenende trafen sich Dark-Sky-Vertreter aus Frankreich, Kanada und der Schweiz in Paris. Ziel war eine Bestandesaufnahme und der Erfahrungsaustausch in der Bekämpfung der Lichtverschmutzung. Der Kongress fand im Rahmen der Grossveranstaltung „Recontres du Ciel et de l’Espace“ in der „Cité des Sciences et de l’Industrie“ (siehe Bild) statt.

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„Geode“ IMAX-Kino der „Cité des Sciences et de l’Industrie“ in Paris

Eric Fourlon, Organisator des Zusammentreffens, sprach von einem zunehmenden schwierigen Umfeld für Dark-Sky-Aktivisten. Einerseits geht die touristische Entwicklung in vielen Orten sehr rasant voran, so dass ein grosser Handlungs- und Aufklärungsbedarf vorhanden ist. Andererseits ist in Europa sowie in Kanada die Besorgnis über die zunehmende Lichtverschmutzung der meisten Amateur-Astronomen zu gering um in der Bekämpfung der Lichtverschmutzung aktiv zu werden.

Tipps von ehemaligem Bürgermeister
Jean-Michel Lazou, Gemeinderat und ehemaliger Bürgermeister einer elsässischen Gemeinde, gab ein paar nützliche Tipps bezüglich Öffentlichkeitsarbeit für eine effiziente Aussenbeleuchtung:

Einsparung ins Verhältnis zu den Steuern setzen

Einsparungen durch gut abgeschirmte und effiziente Leuchten gegenüber ineffizienter Aussenbeleuchtung (z.B. Kugellampen) sollten ins Verhältnis zu den Steuern gesetzt werden. Die finanziellen Vorteile sind so besser ersichtlich, als wenn sie mit dem gesamten Gemeindebudget verglichen werden. So kann auch jeder Bürger selber sehen, wieviel er durch effiziente Aussenbeleuchtung an Steuern einsparen kann.

Teurer Lampenunterhalt
Nebst dem Energieverbrauch sollten vor allem die Unterhaltskosten neu zu installiernder Lampen tiefer ausfallen. Der Unterhalt von Aussenbeleuchtungen ist im Vergleich zum Energieverbrauch viel teurer. Der Einsatz von lichtverschmutzungsarmen Lampen geht also mit einer mehrfachen Effizienzsteigerung einher.
Der beste Zeitpunkt um Lampen zu wechseln ist bei technischen Pannen oder bei bereits vorgesehenen Auswechselungen.

Gesetzeslücken im Bereich nächtlicher Aussenbeleuchtung lassen Beleuchtungsbetreibern einen grossen Spielraum. Eine französische Juristin untersucht zurzeit das Problem.
Besorgniserregend sind Beleuchtungsballone, von denen ein omnidirektionales Licht ausgeht und die zum Beispiel für Veranstaltungen und Werbespots eingesetzt werden.

Regelmässige Messung der Himmelshelligkeit
Laurent Corp, ehemaliger Präsident des französischen Kommites zum Schutze des Nachthimmels (Association Nationale Pour la Protection du Ciel Nocturne ANPCN) macht an verschiedenen Orten regelmässige Messungen der Himmelshelligkeit bei gleichen Bedingungen (Bewölkung, Mondphase, Jahreszeiten) um eine zeitliche Entwicklung der Lichtverschmutzung festzuhalten.

Erfolge Von zahlreichen Erfolgen aus der Stadt Blois im Vallée de la Loire sprach Christophe Martin-Brisset, Präsident des ANPCN. Der Dark-Sky-Aktivist ist sogar zum Mitglied der städtischen Beleuchtungskommission ernannt worden und kann somit bei Beleuchtungsvorhaben mitreden.

Ein weiterer Erfolg ist dem 1. Europäischen Kongress zum Schutze des Nachthimmels von 1998 zu verdanken. Die französische Lichttechnische Gesellschaft forderte eine Liste von Lokalitäten an, welche geschützt bzw. dunkel erhalten werden sollten.

Auszeichnung von vorbildlichen Aussenbeleuchtungen
Der kanadische Vertreter, Jean-Pierre Urbain aus Montréal, präsentierte eine vorbildliche Broschüre zum Thema Lichtverschmutzung. Um besonders in ländlichen Gebieten Fortschritte in der Qualität der Aussenbeleuchtung zu erzielen, möchte die Dark-Sky-Gruppe der kanadischen Provinz Quebec vorbildliche Farmen, die Gästezimmer anbieten, mit einem Label auszeichnen.

Vierfache Dividende
Philipp Heck, Vertreter von Dark-Sky Switzerland (DSS), stellte die Erfahrungen, Projekte und Strategie von Dark-Sky Switzerland vor. Der Schwerpunkt liegt vor allem in der Öffentlichkeitsarbeit über die Medien und Vorträge, sowie der Information von Architekten, Elektroplanern und Politikern. Die Vermeidung von Lichtverschmutzung gibt eine vierfache Dividende:

  • Ökonomische Vorteile: Einsparungen in Unterhaltskosten und Energieverbrauch.
  • Sicherheitsgewinn: Blendfreie Lampen erhöhen die Sicherheit im Verkehr.
  • Kultureller Gewinn: Erhaltung des Anblicks des Sternenhimmels als Inspirationsquelle und Erbe der Menschheit (UNESCO) und eine Verbesserung der Lebensqualität durch ein blendfreies nächtliches Umfeld.
  • Ökologische Verbesserung: Bessere Integration der Tier- und Pflanzenwelt in die technische Zivilisation durch abgeschirmte Lampen und dunkleren Himmel.

Dark-Sky Switzerland erhält Unterstützung von der Internationalen Astronomischen Union

Die Internationale Astronomische Union (IAU) – die offizielle, internationale astronomische Dachorganisation – appelliert an alle Nationen der Erde, Richtlinien zu schaffen um den Nachthimmel zu schützen. Alle Aktivitäten diesbezüglich werden von der IAU ab sofort unterstützt. Neben Lichtverschmutzung bedrohen auch künstlich erzeugtes Radiorauschen, Weltraumschrott und leuchtende Werbeeinrichtungen ernsthaft die friedliche, kulturelle und wissenschaftliche Nutzung des Nachthimmels.

 

Werden Sie DSS-Mitglied oder Gönner!

Neu ist es nun möglich Fachgruppe und Verein Dark-Sky Switzerland zu unterstützen.

Werden Sie Mitglied (CHF 20.- pro Jahr) und bestimmen Sie mit, was gegen Lichtverschmutzung gemacht werden soll!

Unterstützen Sie unsere Aktivitäten als Gönner (ab CHF 50.- pro Jahr).

Anmerkung der Redaktion (2016):
Wir sind nach wie vor auf mehr Mitglieder angewiesen. Das Problem hat sich verschärft und mehr Mittel ermöglichen mehr Erfolge. Die Beiträge sind inzwischen höher, aber freiwillige Spenden sind auch willkommen, egal in welcher Höhe.

 

Mehr Licht – mehr Sicherheit?

Dark-Sky Switzerland: Der Schein trügt – Manchmal ist weniger mehr.

von Philipp Heck – Original erschienen in der MorgenWelt Wissenschaft am 29. November 1999

Auf den ersten Blick scheint der Zusammenhang klar: Je mehr Licht, desto größer die Sicherheit. Hell erleuchtete Straßen erhöhen die Verkehrssicherheit. Die möglichst vollständige Ausleuchtung jedes Winkels in unseren Städten schützt vor Kriminalität. Doch eine Reihe von Studien – und nicht zuletzt auch die Alltagserfahrung – deuten auf einen komplexeren Zusammenhang hin: Entscheidend für die Sicherheit ist demnach nicht grundsätzlich mehr Licht, sondern eine der jeweiligen Situation angepasste Beleuchtungslösung. Und das kann mitunter sogar bedeuten, dass die Beleuchtung zu reduzieren wäre.

Eine vom amerikanischen Justizministerium durchgeführte Studie belegte bereits 1977, dass es keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen Kriminalität und Beleuchtung gibt. Ähnliche Untersuchungen aus anderen Ländern bestätigen seither immer wieder dieses Ergebnis. Manches deutet in den letzten Jahren sogar darauf hin, dass eine Zunahme von Kriminalität in Städten und Ballungsräumen zu verzeichnen ist – bei gleichzeitiger Intensivierung der Außenbeleuchtung! Wie die Studien zeigen, nimmt bei zunehmender Beleuchtung zwar die Angst der Bevölkerung vor Verbrechen ab, die Verbrechen selbst geschehen jedoch unabhängig davon.

Bei der Planung von Außenbeleuchtungen empfiehlt es sich deshalb Ziel und Zweck der Ausleuchtung stärker als bisher zu hinterfragen. Außerdem gilt es, die lokalen Gegebenheiten zu beachten und diese in die Planung einzubeziehen. Wichtig ist dabei vor allem, Blendungen und die Entstehung von Schlagschatten zu vermeiden – sonst kehrt sich der Effekt der Beleuchtung nämlich ins Gegenteil um: Einbrüche und Überfälle werden nicht erschwert, sondern sogar erleichtert. Ein geblendeter Passant oder Anwohner erkennt potenzielle Täter wesentlich schlechter oder gar nicht. Schlagschatten verschaffen Kriminellen eine zusätzliche Tarnung.

Der direkte Blick in die Leuchtquellen sollte daher stets durch den Einsatz von Blenden vermieden werden. Wegbeleuchtungen sollten, ihrem Zweck entsprechend, den Weg beleuchten – und nicht die Hauswände oder gar den Nachthimmel. Und Schlagschatten werden nicht durch immer hellere Lampen, sondern durch den Einsatz vieler – nur mäßig heller – Lichtquellen vermieden. Effektiv sind auch Beleuchtungen, die an Bewegungsmelder gekoppelt sind, weil sie nur dann erstrahlen, wenn sie wirklich benötigt werden.

Für die Straßenbeleuchtung gelten die gleichen Grundsätze: Es gilt, Blendung und Schlagschatten zu vermeiden. Gefährliche Passagen – wie enge Kurven oder Fußgängerübergänge – müssen natürlich auffällig beleuchtet werden. Die Signalwirkung dieser Abschnitte wird aber noch erhöht, wenn die übrige Beleuchtung angemessen reduziert wird. Eine gleichförmige Ausleuchtung der Straße kann außerdem, wie wiederum Untersuchungen aus den USA belegen, zu einer verminderten Aufmerksamkeit führen, da sie die Autofahrer in trügerische Sicherheit wiegt.

Besonders störend und gefährdend für Verkehrsteilnehmer sind animierte Leuchtreklamen und die sogenannten Skybeamer, die von Diskotheken zu Werbezwecken eingesetzt werden. Nach dem Schweizer Straßenverkehrsgesetz sind solche Leuchtreklamen bereits seit September 1979 in der Nähe von Straßen eindeutig verboten. Generell stellt jede Form der Straßenrand-Beleuchtung, die eine gewisse Fläche überschreitet und massiv heller ist, als die „normale“ Straßenbeleuchtung, eine Gefahr für die Sicherheit des Verkehrs dar. Beispiele dafür sind etwa blendend hell beleuchtete Säulen, die, in Augenhöhe angebracht, den Autofahrer auf ein Geschäft oder eine Tankstelle hinweisen, oder aber Gebäudefassaden, die mit Halogen-Scheinwerfern gleißend hell angestrahlt werden.

Auch die Schweizer Flugsicherung „Swisscontrol“ beklagt sich über die Zunahme von Skybeamern und erblickt darin eine ernsthafte Gefährdung der Flugsicherheit, insbesondere im Anflugbereich. Neben der Gefährdung des Luft- und Straßenverkehrs stellen Skybeamer eine nicht zu unterschätzende Gefahr für Zugvögel dar. Die Schwärme werden nämlich durch das starke Licht von ihren günstig gewählten Routen abgelenkt. Dadurch verlängern sich die Flugrouten oft erheblich – was zum Tode von schwächeren Tieren führen kann. Ähnliche Probleme sind seit langem von Leuchttürmen und hell beleuchteten Gebäuden her bekannt. Für viele Zugvögel werden die irritierenden Lichtquellen zu einer Falle – und ihre Reise endet in einer tödlichen Kollision.

Die Aufhellung der nächtlichen Umgebung durch künstliche Beleuchtung stellt auch für nachtaktive Tiere, die auf die schützende Dunkelheit angewiesen sind, ein ernstes Problem dar. Beim ersten europäischen Kongress zum Schutze des Nachthimmels, der 1998 in Paris stattfand, wurde jedoch deutlich, dass es bislang an wissenschaftlichen Untersuchungen zu diesem Thema mangelte. Inzwischen ist es aber zumindest vereinzelt gelungen, staatliche Fördermittel für derartige Projekte einzuwerben. So konnten an der katalonischen Mittelmeerküste systematische Beobachtungen an nachtaktiven Insekten durchgeführt werden. Die Insektenforscher stellten dabei fest, dass manche Arten von Nachtfaltern überdurchschnittlich stark von hellen Beleuchtungskörpern angezogen werden und dadurch zu einer leichte Beute für Fledermäuse und nachtaktive Vögel werden. Die Populationen einiger Arten wurden bereits stark dezimiert und das Überleben dieser Arten ist gefährdet.

Es gibt also genügend Gründe dafür, die übertriebene Beleuchtung unserer Städte zu überdenken. Die Außenbeleuchtung soll in erster Linie unserer Sicherheit dienen. Dieses Ziel lässt sich am Besten durch den gezielten, effektiven Einsatz von Beleuchtungskörpern erreichen – und nicht dadurch, dass man versucht, die Nacht zum Tage zu machen.

Eine Reduzierung der städtischen Beleuchtung auf das Notwendige würde nicht nur eine Verbesserung der allgemeinen Sicherheit mit sich bringen, sondern auch eine Kostenreduktion, da weniger Material und auch weniger Strom benötigt wird. Und nicht zuletzt gibt es auch eine kulturelle Komponente: Nur der behutsame Einsatz nächtlicher Beleuchtungen erlaubt es den Menschen weiterhin, den faszinierenden Anblick des sternenübersäten Nachthimmels zu genießen.

Philipp Heck ist Mitglied von „Dark-Sky Switzerland“, einer Fachgruppe der Schweizerischen Astronomischen Gesellschaft, die sich für eine effizientere Außenbeleuchtung und eine Reduktion der Lichtverschmutzung einsetzt.

Sag´ mir wo die Sterne sind…

…wo sind sie geblieben? Die Sterne ertrinken im Lichtermeer der Städte.

von Rainer Kayser – im Original erschienen in der MorgenWelt Wissenschaft am 15.11.1999

Der Anblick des funkelnden Sternenhimmels, durchzogen vom schimmernden Band der Milchstraße, ist den meisten Menschen heutzutage lediglich während einer Urlaubsreise vergönnt. In der Großstadt bleibt er den Menschen vorenthalten. Großstadtkinder lernen die Sternbilder heute allenfalls nur noch im Planetarium kennen. Während sich nämlich in dunkler Nacht unter guten Sichtbedingungen einige Tausend Sterne mit dem bloßen Auge erkennen lassen, sind es in den städtischen Ballungsräumen oft gerade einmal ein Dutzend. Die Sterne ertrinken förmlich im Lichtermeer der Städte: gegen Straßenbeleuchtung, Flutlichtanlagen und Leuchtreklame haben sie kaum eine Chance.

Manche Kinder wollen denn auch partout nicht glauben, dass die ihnen im Planetarium gebotene „Lightshow“ eine naturgetreue Darstellung des Sternenhimmels ist. Freilich – so ganz unschuldig sind auch die Planetarien-Betreiber an diesem Missverständnis nicht, versuchen sie doch allzu häufig, das Hollywood-verwöhnte Publikum mit aufwändigen Spezialeffekten zu begeistern. Die Trennung zwischen Fiktion und Fakten fällt da nicht nur Kindern schwer. Und damit vertut man dann oft auch die Chance, den Planetariumsbesuchern zu vermitteln, welch kulturellen Verlust die exzessive Stadtbeleuchtung mit sich bringt.

Während die professionellen Sternenforscher vor der Lichterflut mit ihren teuren Instrumenten in Gegenden fernab der Zivilisation flüchten – etwa an die Europäische Südsternwarte in Chile -, wird den Hobby-Astronomen das Leben zusehends schwerer gemacht. „Im Schweizer Mittelland ist es als Amateur heute schon schwierig, etwas Sinnvolles zu machen,“ klagt Patrik Schellenbauer von der Organisation Dark Sky Switzerland (DSS). Schwächer leuchtende Galaxien seien kaum noch aufzuspüren.

Doch seit einigen Jahren beginnt sich Widerstand zu regen gegen die ausufernde Beleuchtung. Vor zehn Jahren gründete David Crawford von der Kitt Peak Sternwarte in Arizona die International Dark-Sky Association (IDA), in der Amateur- und Profi-Astronomen gemeinsam mit Lichttechnikern und Architekten für die Rettung der nächtlichen Dunkelheit kämpfen.

In der Folge bildeten sich in aller Welt nationale Gruppierungen, wie etwa „Dark Sky Switzerland“, die sich bemühen, das Problem der „Lichtverschmutzung“ überhaupt erst einmal in das Bewusstsein der Menschen zu rücken.

Mehr Licht nämlich, bedeutet für viele Menschen zumeist schlicht: mehr Sicherheit. Doch der Schein trügt, weiß Patrik Schellenbauer zu berichten: „So, wie heute beleuchtet wird, steht das dem legitimen Sicherheitsbedürfnis der Bürger oft genug entgegen.“ Anstatt dunkle Ecken auszuleuchten, beleuchtet ein Großteil des Lichtes den Himmel, weil die Lichtquellen häufig nach oben hin ausgerichtet sind. Der unangenehme Nebeneffekt: Die Menschen werden geblendet – und sehen dadurch schlechter, als dies bei schwächerer, gut abgeschirmter Beleuchtung der Fall wäre. Auch bei der Straßenbeleuchtung bedeutet weniger (Licht) oft mehr (an Wirkung): Zuviel Beleuchtung, so belegen Studien aus den USA, wiegt Autofahrer in Sicherheit und verführt zu schnellerem, risikofreudigerem Fahren.

Jüngstes Ärgernis am nächtlichen Himmel sind die „Sky Beamer“. „Und die werden nicht mehr nur bei Techno-Parties installiert – heute wollen die Leute bei jedem Feuerwehrfest einen Sky Beamer haben!“ schimpft Schellenbauer.

Doch es gibt auch Positives zu berichten. Dank der Lobbyarbeit der IDA haben zahlreiche amerikanische Städte – vorneweg das nahe der Kitt Peak Sternwarte gelegene Tucson – strikte Auflagen für Außenbeleuchtungen erlassen. Selbst Großstädte wie Los Angeles und Denver sind dabei, ihre Straßenbeleuchtungen nach oben abzuschirmen.

Für internationales Aufsehen sorgte auch der Umweltausschuss der Stadt Augsburg, der vor zwei Jahren einen ganzen Maßnahmenkatalog zur Rettung des dunklen Nachthimmels verabschiedete: Bis zum Jahr 2005, so die Forderung, sollte die gesamte Außenbeleuchtung der Stadt „himmelsfreundlich“ sein. Zwar mokierte sich die örtliche Presse: – „Motten, Mücken und was sonst noch nachtaktiv unterwegs ist, soll sich künftig beim schummrigen Schein von Natriumdampflampen munter weitervermehren“, hieß es in der Augsburger Allgemeinen -, doch in der Stadtverwaltung ließ man sich nicht beirren: die Maßnahmen werden Punkt für Punkt umgesetzt.

Light Pollution Symposium Athen 1999

Athen, die Griechische Hauptstadt liegt nahe dem Mittelmeer und ist mit seiner Lichtabstrahlung auch auf Satellitenaufnahmen bei Nacht gut erkennbar. Der im Sommer häufige Smog bewirkt, dass dann meist gar keine Sterne mehr sichtbar sind. Was für ein kultureller Verlust dies ist, wird einem erst klar, wenn man nach langer Zeit wieder einmal den sternenübersäten Himmel sehen kann. Es erstaunt deshalb nicht, dass in Griechenland heute zunehmend stärker erkannt wird, dass auch dieses „Gut“ geschützt werden muss!
Ein erster Eindruck am diesjährigen Light Pollution Symposium zeigt, dass deutlich mehr Frauen (Studentinnen) anwesend waren als Männer. Möglicherweise nimmt man hier in Griechenland Lichtsmog heute mehr als reale (Licht-)Verschmutzung wahr als in der Schweiz. Es sind uns z.B. in diesem Zusammenhang einige Lampen (einige Dutzend) aufgefallen, die ziemlich wahllos direkt den Himmel „beleuchteten“, ohne weiter einen Nutzen zu zeigen.
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Man erkennt auf dem Bild diverse nach oben gerichtete Halogenstrahler, die scheinbar wahllos gegen den Himmel strahlen – nicht einmal einfach dort, wo Bäume angepflanzt wurden

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Was uns hier auffällt, ist die ungewöhnlich hohe Anzahl von nach oben gerichteten Lampen; die Bäume sind in der Nacht taghell erleuchten!

Aus den interessanten Vorträgen möchten wir einige besonders hervorheben und in kurzen Zusammenfassungen darauf eingehen:

Vortrag von D. Crawford

athen99_d-_crawford Zwar war der Himmel über Athen in diesen Tagen erstaunlich klar und man konnte in der Nacht sogar mehr als zwei Sterne sehen. Trotzdem ist der Himmel über Athen recht hell erleuchtet, so dass bereits leichter Dunst eine für Sternenlicht undurchdringliche Barriere bildet.
Wie in vielen grossen und leider auch schon kleinen Städten hat diese unbedachte Lichtflut aber auch negative Folgen: Man muss letztlich die Fensterläden schliessen, weil die Nacht in der Stadt zu hell ist, um schlafen zu können (dieses Problem hatten wir auch im Hotel). Zuviel Licht am falschen Ort ist auch nicht gut, weil wir nicht nur das sehen, was wir sehen wollen (in diesem Fall Schäfchen?!) – Nacht ist nicht Tag….

Vortrag von Prof. Percy

athen99_prof-percy„Warum ist Astronomie nützlich und sinnvoll“
Die historische Entwicklung unserer Gesellschaftsform und unseres allg. Wissens ist ganz wesentlich durch die Astronomie geprägt und auch bestimmt. Dadurch erlangt die Astronomie auch einen hohen praktischen Nutzen. Diese Tatsache droht heute leider in Vergessenheit zu geraten, was vermieden werden sollte.
Er empfiehlt deshalb, gerade auch an Volksschulen verschiedene astronomische Aktivitäten zu fördern, so z.B.:

  • Sternzählung im grossen Wagen
    Dieses Sternbild kennen die meisten Leute und ist das ganze Jahr sichtbar. So lässt sich ganz einfach der Einfluss der nächtlichen Beleuchtung zeigen.
  • Lampentypen erforschen lassen und klassifizieren
    Mit ganz billigen Gitterspektrografen für ein paar Euro kann das jeder machen und der Einfluss auf un ser Nachtsehen damit bestimmen.
  • Sozialwirtschaftliche Aspekte für Regierung und Hersteller erarbeiten
    Dies ist natürlich eine Arbeit, die sich eher an Hochschulen richtet, aber gerade auch an solchen Instituten kann sinnvolle Arbeit geleistet werden.
  • Lampenverbreitung bestimmen
    So können Anzahl, Art und Dichte in Zusammenhang mit der Bevölkerungsdichte interessante Aspekte aufzeigen, auch im Zusammenhang mit der Ästhetik und dem gefühlsmässigem Nutzen.

Diese Daten sind letztlich für uns und die Gesellschaft von Morgen von grossem Nutzen.

Vortrag C. Palici di Suni
„Italiens Programm“
Im Umfeld der Sternwarte Turin wurden die gegenwärtige Situation der Himmelsaufhellung aufgezeichnet. Diese Daten sind in einen Gesetzesentwurf zum Schutz des Nachthimmels um die Sternwarten in Italien eingeflossen. In den aufgelisteten Schutzgebietszonen müssen Lampen neu den im Gesetz aufgeführten Bestimmungen entsprechen.
Nur so können diese Institute ihre Arbeit weiterverfolgen. Aber auch der Bevölkerung kommt die bessere Nutzung des künstlichen Lichtes zu Gute, denn ein gut beleuchteter Weg muss ja keinesfalls gleichzeitig ein hell erleuchteter Himmel bedeuten, was die Gesellschaft letztlich nur Unmengen an Strom kostet.

verschiedene Vorträge Griechischer Studenten
In verschieden Kurzvorträgen wurden einige Projekte vorgestellt, mit denen versucht wird, die Bevölkerung auf dieses Thema aufmerksam zu machen und die Folgen aufzuzeigen.
Besonders Interessant ist eine Arbeit über Schildkröten: die Bestände sind in den letzten Jahrzehnten arg in Gefahr geraten: Der Grund ist so überraschen wie die Abhilfe einfach: da die ausgeschlüpften Jungtiere tendenziell stark in Richtung Lichtquellen losmarschieren und dann am Land verenden, anstatt ins Meer zu kriechen!
An verschiedenen Orten hat man bereits Abhilfe schaffen können, in dem man Lampen konsequent mit Farbe abschirmte. Neue Lampen müssen heute deshalb entsprechend Abgeschirmt gebaut sein. Es bleibt zu hoffen, dass diese Interessante Tierart nicht auch noch aussterben wird!

Eine sehr interessante Arbeit wurde in Japan gemacht:
Sie haben die Energieleistung in Form von Licht errechnet, die jährlich in den Himmel abgestrahlt wird und daraus die Stromkosten errechnet, die dadurch nutzlos verloren gehen. Dies ist recht viel und die Zahlen mögen erschrecken:
So werden durchschnittlich über rund 860 Millionen Kilowattstunden Strom in Form von Licht in den Himmel abgestrahlt. In Japan entspricht dies einem finanziellen Aufwand von umgerechnet etwa 1750 Millionen Euro an direkten Stromkosten!

Nach vorsichtigen Schätzungen ergeben sich für die Schweiz folgende Zahlen:
Die jährliche Abstrahlung in Form von Licht in den Himmel beträgt rund 51 Millionen Kilowattstunden. Wir können davon ausgehen, dass davon mindestens 2/3 in Form von nicht abgeschirmten, bzw. unzureichend abgeschirmten Lichtquellen stammt. Es bleiben also rund 34 Millionen Kilowattstunden Stromverbrauch, die nicht nur vermieden werden könnten, sondern auch dazu dienen würden, die gewünschten Objekte besser zu beleuchten! Oder anders Ausgedrückt: der Volkswirtschaft gehen allein in der Schweiz jährlich etwa 7 Millionen Franken (bzw. 4.3 Millionen Euro) an direkten Stromkosten dadurch verloren, dass anstelle des gewünschten Objektes einfach der Himmel beleuchtet wird.

Darin noch nicht eingerechnet sind die Kosten, die zwangsläufig entstehen, das eine Lichtquelle und deren Versorgung in dem Masse stärker (und dadurch kostenintensiver) ausgelegt werden muss, wie auch Licht sinnlos ungenutzt abgestrahlt wird! Man muss deshalb auch in der Schweiz mit deutlich höheren Unkosten rechnen – notabene ohne dass dadurch die gewünschten Objekte dunkler beleuchtet wären.
Angegliederte Ausstellung
Im Rahmen der angegliederten Ausstellung wurde vor allem Bildmaterial von den verschiedenen Arbeiten vorgestellt. Eine sehr interessante kleine Arbeit möchte ich hier noch hervorheben:
Mit einfachsten Mittel wurde ein Modell realisiert, dass anschaulich die Wirkung von verschiedenen Lampentypen zeigt: Strassen, Häuser, Parks und Werbung sind jeweils immerabwechslungsweise von zwei verschiedenen Lampen erhellt, immer je eine offene und eine abgeschirmte. Diese Lampen können abwechslungsweise ein- und ausgeschaltet werden. Der Effekt ist frappant, den entweder blenden die Glühlampen direkt oder aber man sieht nur die erhellten Objekte – dafür diese um vieles besser, obschon immer die gleiche Lichtstärke eingesetzt wird.

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Modellstadt