Skybeamer: Leuchttürme im Mittelland

von Philipp Heck, erschien in Orion, Zeitschrift für Amateurastronomie

Skybeamer werden zu einem immer ernsteren Problem – nicht nur für Amateurastronomen. Sicher haben Sie sich auch schon an Ihrem Beobachtungsplatz über Skybeamer geärgert. Wenn beispielsweise einer dieser Lichtfinger nervös in der Milchstrasse herumzündet und Ihre Hardcore-Deep-Sky-Beobachtungen stört oder es Ihnen verunmöglicht den Nordamerikanebel samt Pelikan zu photographieren.

Was sind Skybeamer?
Bei Skybeamern handelt es sich um sehr starke Himmelsscheinwerfer die zu Werbezwecken eingesetzt werden und mit nervösen Bewegungen auf Tanzlokale, Dorffeste, Zirkusse oder Bars aufmerksam machen. Oft handelt es sich auch um mobile, mietbare Einrichtungen, womit auch die Gefahr einer starken und unvorhersehbaren Verbreitung zunimmt. Skybeamer werden mit äusserst starken Entladungslampen (ca. 1500 – 2500 Watt) betrieben und wirken sich daher in einem grossen Umkreis von etlichen Kilometern schädlich auf den Nachthimmel aus.

Gefahr für die Vogelwelt
Nicht nur Amateurastronomen sind vom Problem betroffen. Viel gravierender kann sich diese Art von Lichtverschmutzung auf nachtaktive Tiere auswirken. So kann auch das Verhalten von Zugvögeln durch Skybeamer erheblich gestört werden und zu fatalen Verhaltensänderungen der nachts ziehenden Vögel führen. Das Problem ist schon von Leuchttürmen her bekannt. In der Nacht orientieren sich die Vögel an einer Lichtquelle. Es ist schon vorgekommen, dass ganze Vogelschwärme verendet sind, weil sie orientierungslos in einen Leuchtturm geknallt sind. Bei den Skybeamern kennt man die Auswirkungen noch zuwenig. Aus Analogieschlüssen kann man aber sagen, dass sie sicher nicht unproblematisch sind. Für Bruno Bruderer, Leiter der Vogelzugsforschung der Vogelwarte Sempach, sind die Skybeamer vor allem ein Problem, wenn sie in vermehrtem Masse eingesetzt werden. Bruderer möchte darum die Gemeindebehörden für diese Thematik sensibilisieren, da diese letztlich die Bewilligung für den Einsatz von Skybeamern erteilen.

Störung nächtlicher Ökosysteme
In spanischen Mittelmeerküste in Katalonien wurden systematische Beobachtungen von nachtaktiven Insekten durchgeführt. Die Insektenforscher haben festgestellt, dass gewisse Arten von Nachtfaltern überdurchschnittlich stark von hellen Beleuchtungskörpern angezogen werden und so eine leichte Beute für Fledermäuse und nachtaktive Vögel werden. Dadurch sind ganze Populationen bestimmter Spezies stark dezimiert worden und können das Überleben dieser Arten gefährden.

Die Aufhellung der nächtlichen Umgebung durch künstliche Beleuchtung stellt auch für viele andere nachtaktive Tiere, die sich ja in der Dunkelheit Schutz gewähren, ein sehr ernstzunehmendes Problem dar. Wissenschaftliche Untersuchungen in diese Richtung stehen erst am Anfang und in Europa werden nun erst langsam staatliche Mittel zur Finanzierung solcher Forschungsprojekte aufgewendet.

Beeinträchtigte Verkehrs- und Flugsicherheit
Anfragen von Dark-Sky Switzerland an die Gewerbepolizei der Stadt Zürich und die Flugsicherung Swisscontrol ergaben, dass es grundsätzlich jedem erlaubt ist einen Skybeamer ohne Bewilligung aufzustellen und zu betreiben, lediglich der Betrieb von Laseranlagen untersteht einer Bewilligungspflicht. Es gibt glücklicherweise jedoch einige Einschränkungen für den Betrieb von Skybeamern. So sind zum Beispiel im Bereich des Strassenverkehrs Ankündigungen die durch Ablenkung der Strassenbenützer die Verkehrssicherheit beeinträchtigen, verboten (Art. 6 Strassenverkehrsgesetz). Dazu gehören insbesondere Strassenreklamen die blenden, blinken oder durch wechselnde Lichteffekte wirken und die sich bewegen oder projiziert werden (Art. 96 Abs. 1 lit. f und g Signalisationsverordnung): Skybeamer fallen eindeutig in diese Gruppe. Laut dem Chef der Gewerbepolizei der Stadt Zürich, Herrn A. Müller-Bosch ist somit in dicht überbauten städtischen Agglomerationen das Betreiben von Skybeamern nur beschränkt möglich. Ausserdem ist innerhalb der Flugsicherungskontrollzone in der nähe von Grossflughäfen (CTR) laut Swisscontrol eine Bewilligung notwendig, da Piloten durch Skybeamer geblendet werden können. Insbesondere im Anflugsbereich käme es zu einer ernsthaften Gefährdung der Flugsicherheit. Dies ist auch im Bundesgesetz über die Luftfahrt geregelt (Art. 15 Luftfahrtsgesetz): „Besondere polizeiliche Massnahmen, namentlich zur Wahrung der Flugsicherheit und zur Bekämpfung des Fluglärms, trifft das Bundesamt (Anm. des Autors: Bundesamt für Zivilluftfahrt) bei der Erteilung einer Bewilligung oder durch besondere Verfügung.“

Gesetzesvorlagen die konkret die Problematik von Skybeamern behandelt, gibt es nach unserem Wissen in der Schweiz zur Zeit nicht. In Italien und Spanien sind bereits Gesetzesvorschläge dazu der Regierung vorgelegt worden. Dark-Sky Switzerland sucht noch interessierte Personen, die sich insbesondere mit der rechtlichen Situation bezüglich der Lichtverschmutzung auseinandersetzen möchten. Wenn Sie sich davon angesprochen fühlen, um in einem neuen Gebiet Pionierarbeit zu leisten, schreiben Sie an Dark-Sky Switzerland, Postfach, CH-8135 Langnau am Albis oder per E-Mail an: office@nulldarksky.ch.

Literaturangaben

[1] Gefahr für die Vogelwelt, Andy Stauber, Zürcher Unterländer, Dielsdorf 1998.

[2] Premier congrès européen pour la protection du ciel nocturne, Paris, 1998.

[3] Korrespondenz mit Gewerbepolizei Stadt Zürich und Swisscontrol, Marc Pesendorfer, DSS, Mandach, 1998.

Anmerkung der Redaktion (2016):
Skybeamer sind heute in vielen Kantonen und Gemeinden explizit verboten. Die Adresse von Dark-Sky Switzerland wurde an die heute gültige angepasst (damals Stäfa).

» Leuchttürme im Mittelland (pdf Auszug Orion)

 

Pilatus by Night

von Philipp Heck, im Frühling 1997

Erschien am 26. April 1997 in der Neuen Luzerner Zeitung,
Reaktion von DSS auf die erlaubte Beleuchtung des Luzerner Hausbergs Pilatus

Der Bundesgerichtsentscheid zugunsten der nächtlichen Beleuchtung des Pilatus hat nicht nur Heimatschützer, Umweltschützer und Naturfreunde beunruhigt.

Seit etwa einem Jahr gibt es Dark-Sky Switzerland, eine Fachgruppe der Schweizerischen Astronomischen Gesellschaft (SAG), die sich mit dem Problem der Lichtverschmutzung befasst. Man bezeichnet mit Lichtverschmutzung die durch Menschen verursachte, also künstliche Aufhellung des Nachthimmels, die Sterne zum Verschwinden bringt. Der Himmel über grossen Teilen des Mittellands ist schon seit langem durch falsch konzipierte Aussenbeleuchtung so stark aufgehellt, dass die Astronomen ihre Beobachtungen von den Alpen und Voralpen aus durchführen müssen. Die deutsche Wochenzeitschrift „Der Spiegel“ spricht von der künstlich beleuchteten Erde, die wie ein „illuminierter Musikdampfer“ durch den Weltraum treibt.

Der am 16. April gefällte Bundesgerichtsentscheid, der eine weitere Beleuchtung des Pilatus erlaubt, kommt daher den meisten Astronomen und Amateur-Astronomen als Schreckensnachricht entgegen. Nun ist auch der bis anhin dunkle, mit Sternen übersähte Himmel der zentralschweizer Voralpen ernsthaft gefährdet. Durch die Scheinwerfer werden ja nicht nur die Gipfel des Pilatus beleuchtet, sondern ihr Licht wird in der Atmosphäre gestreut und führt so zu einer Aufhellung des Himmels auch in der weiteren Umgebung. Sterne, kosmische Nebel und andere Himmelsobjekte deren Licht nun zu schwach ist „ertrinken“ sozusagen im künstlich aufgehellten Himmel und bleiben uns verborgen. So war aus hell beleuchteten Orten selbst vom ausserordentlich hellen Kometen Hale-Bopp nur ein kleiner kümmerlicher Schweif zu sehen. Das wahre Schauspiel zeigte sich dann erst aus noch dunklen Regionen in den Alpen und Voralpen.

Die Mitarbeiter von Dark-Sky Switzerland befürchten nun eine verstärkte Lichtverschmutzung in den Alpen, dem eigentlich letzten Gebiet in der Schweiz wo der Himmel von Kunstlicht weitgehend ungestört betrachtet werden kann. Wie lange geht es noch, bis das Matterhorn und andere touristisch wichtige Berge beleuchtet werden? Man scheint die Entwicklung schon im voraus erahnt zu haben: Die modernen Grossteleskope stehen längst an abgelegen Standorten wie auf La Silla und Paranál in der chilenischen Atacama-Wüste oder auf Inseln mit strengen Beleuchtungsvorschriften wie La Palma und Hawaii.

Das Problem liesse sich dabei mit einfachen Mitteln erheblich reduzieren. Sinnvoll abgeschirmte Lampen strahlen ihr Licht dorthin ab wo es gebraucht wird und nicht nach oben in den Himmel. Solche Lösungen sind auch aus ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten günstiger.

Es wäre schade, wenn der Sternenhimmel in Zukunft nur noch in Planetarien zu erleben wäre.