Lichtverschmutzung: Vize-Präsident von Dark-Sky Switzerland gewinnt Europäischen Umweltschutzpreis

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Bildlegende: Galileo-Preisträger René L. Kobler (rechts), Europäischer Koordinator der IDA Bob Gent (Mitte), Philipp Heck (Präsident Dark-Sky Switzerland, links).

René L. Kobler, Vize-Präsident von Dark-Sky Switzeland, hat anlässlich des 4. Europäischen Symposiums zum Schutz des Nachtimmels in Paris den Galileo-Preis gewonnen. Der Galileo-Umweltschutzpreis wird jährlich von der International Dark-Sky Association (IDA) für aussergewöhnliche Leistungen zum Schutz des Nachthimmels in Europa vergeben. Der Galileo-Preis ist die höchste Auszeichnung, die in Europa im Kampf gegen die Lichtverschmutzung vergeben wird.

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Was macht Dark-Sky Switzerland?

von Philipp Heck

An dieser Stelle möchten wir Ihnen Dark-Sky Switzerland (DSS) kurz vorstellen. Wie der Name schon sagt, befassen wir uns mit dem immer grösser werdenden Problem der Lichtverschmutzung und setzen uns für eine effiziente Aussenbeleuchtung ein. DSS ist eine Fachgruppe der Schweizerischen Astronomischen Gesellschaft.

Wir haben in der Schweiz immer noch hervorragende Beobachtungsplätze, sei es in den Voralpen, den Alpen oder im Jura. Astronomische Beobachtungen vom Mittelland oder Südtessin aus werden aber durch die künstliche Aufhellung des Himmels oder durch direkte Blendung durch künstliche Lichtquellen beeinträchtigt. So ist aus den Grossstädten und deren dicht besiedelten Agglomerationsgebieten die Milchstrasse kaum mehr von blossem Auge zu sehen. Aus diesen Gebieten ist die Beobachtung von schwachen galaktischen und extragalaktischen Nebel ist selbst mit grossen, leistungsfähigen Teleskopen kaum mehr möglich. Es wäre schade wenn der Sternenhimmel in Zukunft nur noch in Planetarien und von abgelegenen unzugänglichen Gebieten aus, zu erleben wäre. Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass durch schlechte Beleuchtung verschiedene, nachtaktive Tiere in ihrem natürlichen Verhalten gestört werden. Wie Beispiele aus den USA zeigten, können bei einer effizienteren Aussenbeleuchtung erhebliche Energieeinsparungen erzielt werden. Eine Reduzierung der Lichtverschmutzung hat astronomische und kulturelle, aber auch ökologische und ökonomische Vorteile.

Ziel der DSS ist es, nicht nur Amateur-Astronomen sondern auch die übrige Bevölkerung auf dieses Problem aufmerksam zu machen. So wurde bereits eine Informationsbroschüre verfasst, die in öffentlichen Sternwarten aufgelegt werden kann. Die Demonstratoren sollten bei Führungen und Sternschaus das Problem Lichtverschmutzung anschneiden. Die Erstellung eines Massnahmenkatalog für politische Vorstösse ist ein weiteres Ziel der Gruppe. Grundlage dafür sind die Erfahrungen aus bereits erfolgter, positiver Zusammenarbeit mit den Behörden und theoretische Überlegungen dazu. Zu den Mitgliedern der DSS zählen heute 9 Amateur-Astronomen aus allen Landesteilen, unter Ihnen auch ein Beleuchtungsfachmann. Dank ihm wurde Kontakt zur Schweizerischen Lichttechnischen Gesellschaft (SLG), erstellt, der das Problem Lichtverschmutzung bis anhin unbekannt war, die aber die Anliegen der Astronomen mit grossem Interesse aufnahm.

In den vergangenen Wintern plante die Fachgruppe in einer grossangelegten, landesweiten Aktion die Himmelhelligkeit zu bestimmen. Dabei wurden Besucher öffentlicher Sternwarten und alle Amateur-Astronomen aufgefordert, nach einer Anleitung eine Sternzählung von blossem Auge im Sternbild Orion zu machen. Die Auswertung dieser Daten, ermöglicht eine geographische Kartierung der Grenzhelligkeit mit relativ hoher Auflösung. Im Gegensatz zu Satellitenaufnahmen werden bei dieser Methode stark besiedelte Gebiete wie zum Beispiel der Grossraum Zürich in Bezug auf die Grenzhelligkeit deutlich differenziert erfasst. Ein ähnliches Projekt konnte erfolgreich in der US-Hauptstadt Washington D.C. durchgeführt werden (Sky&Telescope, pp. 82; June 1996).

Lichtverschmutzung – wenn die Sterne verschwinden

von Patrik Schellenbauer, Guido Schwarz

In städtischen Gebieten sind von blossem Auge nur noch wenige Sterne am Himmel auszumachen. Dafür verantwortlich ist nicht die Luftverschmutzung, sondern die zunehmende Aufhellung des Nachthimmels durch schlechte Beleuchtungskörper. Die Organisation „Dark-Sky Switzerland“ kämpft gegen die „Lichtverschmutzung“.

Es mag paradox klingen: Obwohl wir heute über ein gewaltiges Wissen über den Aufbau des Universums verfügen, entfernen wir uns in unserem Alltag immer mehr vom gestirnten Himmel, unserem direkten Fenster ins All. Während der Anblick der Milchstrasse noch vor 100 Jahren den meisten Menschen vertraut war, gehört dieses majestätische Bild heute bei einem Grossteil der Bevölkerung nicht mehr zum Erfahrungsschatz. Woran liegt dies? Aber gerade eine Errungenschaft der modernen Zeit – nämlich die elektrische Beleuchtung – ist zur Hauptsache dafür verantwortlich. Die im Vergleich mit anderen Gütern immer billigere Energie sowie eine dramatische Effizienzsteigerung der Beleuchtungskörper haben dazu geführt, dass wir zu beinahe vernachlässigbaren Kosten unsere Häuser, Strassen, Siedlungen und Industriebauten beleuchten. Zweifellos hat dies unser Leben wesentlich angenehmer gemacht, die Nachteile werden aber bisher nur von wenigen wahrgenommen: der Sternenhimmel droht in der Flut von künstlicher Beleuchtung unterzugehen.

Licht wird durch Atmosphäre gestreut
Natürlich kann man sich immer noch auf eine Wiese zurückziehen, um die Sterne zu beobachten. Das Problem besteht aber nicht so sehr in der direkten Blendung durch künstliche Lichtquellen. Dieser kann man sich entziehen. Die schleichende Zerstörung eines dunklen Himmels entsteht dadurch, dass Licht, welches nach oben strahlt, nicht einfach in das All entweicht, sondern vorher an den Molekülen der Atmosphäre gestreut wird. So entsteht ein diffuses Leuchten, das die Objekte des Himmels vermehrt überstrahlt. Die meist hohe Luftfeuchtigkeit in unseren Breiten verstärkt diesen Effekt. Hinzu kommt, dass sich das Siedlungsgebiet noch immer ausdehnt, die Quellen dieses unerwünschten Streulichts also immer flächendeckender werden. In der Astronomie wird dieses Phänomen als „Lichtverschmutzung“ bezeichnet.

Abblenden statt blenden!
Das einzig Erfreuliche an dieser weitgehend unbekannten Form der Umweltverschmutzung besteht darin, dass sie grundsätzlich reversibel ist, indem weniger und vor allem sinnvoller beleuchtet wird. Natürlich kann das Rezept nicht darin bestehen, künstliche Beleuchtung zu verbieten oder drastisch einzuschränken. Es gibt aber einfache und kostengünstige Massnahmen, die einen Beitrag zur Reduktion der Lichtverschmutzung leisten. Allzu viele Beleuchtungen in unseren Siedlungen sind schlecht oder gar nicht abgeschirmt. Diese Beleuchtungen richten das Licht nicht an den Ort, an dem es eigentlich gebraucht wird, sondern zur Seite oder direkt nach oben. Ein typisches Beispiel hierfür sind die Kugellampen. Nicht abgeschirmte Beleuchtungen wirken dem primären Ziel der Beleuchtung, nämlich der Sicherheit, entgegen, da sie mehr blenden statt beleuchten. Machen Sie die Probe aufs Exempel!

Von oben statt von unten
Bei Industrie- und Gewerbebauten gehört es mittlerweile zum guten Ton, sie während der ganzen Nacht zu beleuchten, um auf eine originelle Architektur aufmerksam zu machen oder auch nur einen Namenszug zu betonen. Leider geschieht auch dies allzu oft in schlechter Weise, indem die Fassaden mit starken Spotlampen von unten angestrahlt werden. Die Lichtbündel werden an den Gebäudewänden reflektiert und strahlen in sehr steilem Winkel nach oben ab. In den Industrie- und Gewerbezonen und entlang den Autobahnen lassen sich Dutzende solcher Beispiele finden. Auch unzählige öffentliche Gebäude, darunter viele Kirchen und historische Bauwerke, werden von unten und damit schlecht beleuchtet. Eine Verbesserung für den Himmel kann mit relativ einfachen Mitteln erzielt werden. Der beinahe identische Beleuchtungseffekt lässt sich nämlich erzielen, indem die Fassaden von oben herab angestrahlt werden, so dass die abgelenkten Lichtbündel auf den Boden strahlen. So wird ein Grossteil der Lichtverschmutzung vermieden.

Gute Beleuchtung: vierfacher Vorteil
Gezielteres Beleuchten bringt im übrigen auch ökonomische Vorteile mit sich, indem ein beträchtlicher Teil der für Licht aufgewendeten Energie eingespart werden kann. Dies aus dem einfachen Grund, weil kein Licht mehr nutzlos nach oben oder zur Seite verpufft. Ausserdem sind lichtverschmutzungsarme Lampen kostengünstiger in der Wartung. So erbringt der sinnvollere Einsatz von künstlicher Beleuchtung eine vierfache Dividende in Form von finanziellen Vorteilen, erhöhter Sicherheit, der Erhaltung des Sternenhimmels, sowie ökologischen Verbesserungen (siehe unten). Der finanzielle Gewinn einer effizienteren Aussenbeleuchtung reicht indessen nicht aus, um einen genügenden Anreiz über das Portemonnaie herbeizuführen, der zur Verbesserung der Situation beiträgt. Es muss daher vorher ein Umdenken stattfinden. Aber der konkrete ökonomische Druck fehlt in der Schweiz. Um so mehr ist der bewusstere Umgang mit künstlicher Beleuchtung gefragt – von uns allen! (ps/gs)

Vogelwelt in Gefahr

von Andy Stauber
Die „Lichtverschmutzung“ kann auch das Verhalten von Zugvögeln beeinträchtigen. Vor allem Himmelsscheinwerfer – die sogenannten Sky-Beamer -, die von Discotheken zu Werbezwecken verwendet werden, führen zu Verhaltensänderungen bei nachts ziehenden Vögeln. Das Problem ist schon von Leuchttürmen her bekannt. In der Nacht orientieren sich die Vögel an einer Lichtquelle. Es ist schon vorgekommen, dass ganze Vogelschwärme verendet sind, weil sie orientierungslos in einen Leuchtturm geknallt sind. Bei den Sky-Beamern kennt man die Auswirkungen noch zuwenig. Aus Analogieschlüssen kann man aber sagen, dass sie sicher nicht unproblematisch sind. Für Bruno Bruderer, Leiter der Vogelzugsforschung der Vogelwarte Sempach, sind die Sky-Beamer vor allem ein Problem, wenn sie in vermehrtem Masse eingesetzt werden. Bruderer möchte darum die Gemeindebehörden für diese Thematik sensibilisieren, da diese letztlich die Bewilligung für den Einsatz von Sky-Beamern erteilen. (as)