Reto Marty ist Gründer und Inhaber der Nachtaktiv GmbH mit Büros in Zürich und Scuol. Zusammenfassung seines Referats an der DarkSky Switzerland Mitgliederversammlung 2025.
Mit dem Umzug von Zürich ins Engadin profitiert er von einem wunderbaren Anblick des Nachthimmels. Das Licht im Engadin faszinierte Künstler seit jeher, aber damals sprachen alle über das Tageslicht. Nach Sonnenuntergang stellt sich die Landschaft oft sehr anders dar, die grösseren Orte sind heller geworden und könnten eine Neugestaltung vertragen.
In der Gemeinde Scuol gibt es rund 2000 Lichtpunkte, verteilt auf 6 Fraktionen, aber nur etwa 1% der Gemeindefläche ist Siedlungsfläche. Scuol ist flächenmässig fast doppelt so gross wie der Kanton Zug.
Wieso braucht eine kleine Gemeinde einen Plan Lumière? Ein klares Konzept spart Kosten, nimmt Rücksicht auf besondere Begebenheiten der Natur (Fauna, Landschaft), berät Behörden mit wenig Erfahrung, definiert Ziele mit Kostendach, erschliesst das touristische Potential mit stimmigem Erscheinungsbild und Naturverbundenheit.
Seit Frühjahr 2022 hat er ein Konzept erstellt und ein Handbuch für die Umsetzer.
Im Plan Lumière wird die zugrundeliegende Philosophie vorgestellt, die Licht gezielt einsetzt, dynamisch steuert, hinterfragt wird und in Einklang mit der Natur bringt. In der Gemeinde Scuol gibt es Teile des Nationalparks, aber auch Smaragdgebiete und geschützte Landschaft (BLN).
Die Fauna kennt nachtaktive Tiere wie Fledermausarten und Vögel mit Nistplätzen in Baudenkmälern. Im Unterengadin kommen auch Bilche (Schläfer) vor. Überregionale Wildtierkorridore und gibt es auch im Haupttal und zwei Seitentälern.
Realisierungen 2023/24: Die Kirche Scuol wird nun mit einer Energieeinsparung von rund 82% und reduzierten Lichtemissionen von rund 98% betrieben. Dank Schablonen (GOBO-Projektoren) wurde auch beim Unterengadinger Museum Scuol eine Reduktion von 95% der Lichtemissionen erzielt.
Im Pilotprojekt von Ardez wurde eine Energieeinsparung von mindestens 75% erreicht. Durch die Lichtsteuerung wird das noch mehr werden.

Die Wahl der Lichtpunkte fiel auf die bestehenden, auch um die historische Bausubstanz zu schonen. Eine Ortsbeleuchtung im verwinkelten Dorfkern von Ardez brauchte eine besondere Aufmerksamkeit für hochwertige Optiken. Die präzisen Leuchten sind teurer, was Überzeugungsarbeit brauchte, aber das Resultat spricht für sich.
Die Reaktion der Bevölkerung fiel teilweise überraschend negativ aus, weil einige Einwohner denken, es habe viel weniger Licht. Die Strassen sind jedoch nachweislich ausreichend beleuchtet. Das fehlende Streulicht vermittelt subjektiv eine stark reduzierte Beleuchtung. Die Gemeinde ist auf die Einwilligung der Eigentümer angewiesen, um die Leuchten zu installieren. Einzelne Lichtpunkte konnten wegen ausstehender Einwilligungen noch nicht erneuert werden. Kommunikation und Erläuterungen sind essenziell für die Akzeptanz.
Im Ort arbeitete Reto Marty mit 2700 Kelvin, am Siedlungsrand schuf er einen Übergang mit 2200 Kelvin.
Er sagt, 3000 Kelvin brauche niemand mehr. Er sehe nicht ein wozu.
Die Drohnenaufnahmen zeigen die substantielle Reduktion des Streulichts, sowohl in der Aufsicht, als auch vorwiegend in der Vogelperspektive.
Der Sternenhimmel im Unterengadin birgt ein grosses touristisches Potential. Seine privaten Himmelshelligkeits-Messungen sind im Bereich von 20-22 mag/arcsec2. Der Wert der sternenklaren Nacht passt prima zu den Nachhaltigkeits- und Tourismus-Konzepten der Region.
Er ist überzeugt, dass der Anblick der natürlichen Nacht gesundheitsförderlich ist (erste Studien aus USA bestätigen das, Anmerkung der Redaktion). Sternenbeobachtungen können daher auch therapeutisch eingesetzt werden «Verbesserung der Gesundheit durch Entschleunigung». Hinweise zu Erfahrungen oder Studien nimmt Reto Marty gern entgegen. Die Möglichkeit an Aktionen für BesucherInnen ist vielfältig. Meditation, Literatur, Nacht-Führungen, Workshop für Nacht-Sternenfotografie. Nachtwanderwege, Astrotourismus.
Es ist geplant auch Nachbargemeinden von Scuol (Valsot, Zernez und Val Müstair) zu gewinnen. Ein Fernziel könnte sein, dass man mit dem grenzübergreifenden Kaunertal im Tirol eine gemeinsame Bewerbung für einen Dark Sky Park in der Region schafft.