«In den letzten Monaten habe ich die Dunkelheit noch stärker schätzen gelernt – die Dunkelheit, die Sterne, den Mond, die Nachtlandschaft, die Klarheit der Luft und die Stille der Nacht. Es ist mir noch deutlicher bewusst geworden, wie kostbar die dunkle Nacht ist – aber leider auch nicht mehr selbstverständlich. Tag und Nacht, hell und dunkel, Ein- und Ausatmung, Aktivität und Ruhe – unsere Natur und auch wir Menschen sind durch Rhythmen geprägt, welche unser Gleichgewicht und auch unsere Vitalität und Gesundheit unterstützen. Ohne diese Rhythmen geht die Balance verloren. Daher ist nicht nur der Tag, sondern auch die Nacht so wichtig.»
Fiona Ballmer
Nachdem Fiona Ballmer sich vor geraumer Zeit an DarkSky Switzerland wandte, danach sich lokal engagierte, hat sie diese Plattform ins Leben gerufen. Die Ökonomin lebt in Hofstetten-Flüh im Kanton Solothurn, ist Yoga- und Meditationslehrerin und Mutter.
Warum nachhaltig-beleuchten.ch?
«Leider sind wir selbst von Lichtverschmutzung betroffen.»
Ihr Nachbar beleuchtet seit gut zwei Jahren seine Hausfassade bis um Halbzwei und war nicht einsichtig im Gespräch. Im Naturgarten der Ballmers summt und schwirrt es von Frühling bis Herbst, Erdkröten, Berg- und Fadenmolche und viele Vögel fühlen sich wohl.
«Wir investieren viel Zeit und Geld in unseren Biodiversitätsgarten, umso mehr schmerzt das unnötige Dauerlicht und das Wissen, dass Insekten unnötig sterben.»
Was können wir auf nachhaltig-beleuchten.ch erwarten?
«Gespräche im Freundes- und Bekanntenkreis haben mir aufgezeigt, dass sich viele Menschen der Problematik nach wie vor zu wenig bewusst sind.»
Die Seite soll in verständlicher Sprache aufklären und anleiten «wie wir unnötige Lichtemissionen bestmöglich reduzieren können».
Was kann ich tun, wenn ich besser mit Licht umgehen möchte, und wie kann ich mich wehren, wenn andere um mich herum das nicht tun und was gilt in der Schweiz sowohl rechtlich, als auch in den offiziellen Empfehlungen?
Frau Ballmer engagiert sich in ihrer Gemeinde gegen unnötige Lichtverschmutzung. Sie hat ihren Ärger und das Unverständnis über die eigene Situation in einen positiven Beitrag für alle verwandelt.
Wie erleben Sie die Behörden?
Anmerkung der Redaktion: Es gibt verbindliche SIA-Normen, sofern nach diesen gebaut wird. Jede Gemeinde kann in den Bewilligungsverfahren zur SIA 491 verpflichten und jeder Architekt, der nach SIA Normen baut, ist verpflichtet, diese einzuhalten.
«Während die Empfehlungen des Bundesamts für Umwelt zwar in die richtige Richtung gehen, finde ich es bedauerlich, dass es keine verbindlichen Grundsätze gibt, Lichtemissionen auf das nötige Minimum zu beschränken und ganz auf unnötige Emissionen wie das Beleuchten von privaten Hausfassaden und Bäumen oder die Dauerbeleuchtung von Einfahrten zu verzichten.»
Frau Ballmer bedauert die Gemeinde-Autonomie, die zu einem sehr uneinheitlichen Umgang mit den Empfehlungen des Bundes führt. Manche handeln «sehr vorbildlich und nehmen das Thema ernst, viele verschlafen die Problematik.»
Wohin geht die Reise?
«Ab September 2024 wird in der Schweiz der Verkauf und das Pflanzen der invasiven Neophyten und gängigen Gartenpflanzen Kirschlorbeer und Sommerflieder verboten – zum Schutz der Biodiversität. Das ist sehr zu begrüssen. Aber es wundert mich, dass der Politik bisher der Mut fehlt, auch bei der Lichtverschmutzung einzuschreiten.»
Frau Ballmer hofft, dass es in Zukunft verbindliche Grundsätze auf nationaler Ebene geben wird, damit Licht nachhaltig und sinnvoll eingesetzt wird. Sie argumentiert, das grossflächige und schleichende Insektensterben sei wissenschaftlich breit dokumentiert und die Hauptursachen seien bekannt. «Licht ist eine Ursache davon, und ihr Ausmass wahrscheinlich bis heute noch unterschätzt. 60 Prozent der über 1000 Insektenarten in der Schweiz sind gefährdet oder potenziell gefährdet. Unzählige Insekten sterben aufgrund von Aussenbeleuchtungen anstatt Blüten zu bestäuben und sich fortzupflanzen.»
Sie findet, die Schweiz stehe im internationalen Vergleich vor besonderen Herausforderungen, denn wir hätten verglichen mit anderen Regionen dieser Erde viel weniger intakte Naturlandschaften – Zonen in denen die Biodiversität hoch bleibe und welche quasi sichere Häfen für die Arten darstellen. Ausserdem gäbe es in der Schweiz kaum einen Ort mehr, wo die Nacht ihre natürliche Dunkelheit erreicht.
Daher begrüsst sie jede Massnahme, die Artenvielfalt auch im Siedlungsraum zu stärken. Es werde wohl nicht ohne die Reduktion von Lichtemissionen gehen – allem voran dem Unterbinden von unnötigen, keinem funktionalem Zweck dienenden Lichtemissionen und dem deutlichem Ausbau von intelligenter Beleuchtung. Sie hofft, «dass die Erkenntnisse der Forschung über die Auswirkungen von Lichtverschmutzung auf die Biodiversität bald genügend schwer wiegen, damit die Politik endlich in die Gänge kommt.»
Wir danken Fiona Ballmer für das Interview und ihr persönliches Engagement.